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Kein Räumungsanspruch gegenüber dem bereits innehabenden Käufer einer Eigentumswohnung, auch wenn der Kaufpreis noch nicht bezahlt wurde

In einer aktuellen Entscheidung (OGH 15.12.2015, 4 Ob 180/15x) befasste sich der OGH mit der Frage, ob ein bisheriger Mieter nach Abschluss eines Kaufvertrages über die Mietwohnung erst mit Übergabe der Liegenschaftsanteile nach Kaufpreiszahlung zur Benützung berechtigt sei.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Kläger (vormals Vermieter) begehrten von den Beklagten (vormals Mieter) die Räumung der Wohnung mit der Begründung, das Mietverhältnis sei erloschen und die Beklagten benützen die Wohnung seitdem titellos. Zwar liege ein abgeschlossener Kaufvertrag über die Wohnung vor und sei mit rechtskräftigem Urteil bereits ausgesprochen worden, dass die Kläger verpflichtet sind, Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in die Einverleibung des Eigentumsrechtes hinsichtlich der klagsgegenständlichen Wohnung zu Gunsten der Beklagten einzuwilligen, doch wurde der Kaufpreis von den Beklagten weder erlegt und noch angeboten. Eine wirksame Übergabe sei somit noch nicht erfolgt.

Das Berufungsgericht folgerte, dass die Beklagten einen Titel auf Benützung der Wohnung aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag nicht ableiten können, weil ein Käufer erst durch die tatsächliche Übergabe zur Benützung berechtigt sei.

Der OGH korrigierte in der Folge die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes und sprach aus, dass bei einer Räumungsklage gegen einen titellosen Inhaber einer Wohnung der Eigentümer einen auf sein Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruch nach § 366 ABGB geltend mache. In solchen Fälle könne der beklagte Inhaber ein eigenes dem Eigentümer gegenüber wirksames Recht zur Innehabung einwenden, wobei sowohl dingliche als auch obligatorische Rechte in Frage kommen. Der Käufer ist obligatorisch zur Sachinhabung berechtigt, weshalb das Eigentumsrecht des Verkäufers durch obligatorische Pflichten gegenüber dem Käufer beschränkt ist. Dem Räumungsbegehren kann somit wirksam das obligatorische Recht des innehabenden Käufers auf Übertragung des Eigentumsrechtes entgegengehalten werden. Es kommt nicht darauf an, ob bereits eine nach sachenrechtlichen Kriterien zu beurteilende Übergabe vorliegt. Die entsprechende Einrede steht dem Käufer auch dann zu, wenn er eigenmächtig in den Besitz des Kaufgegenstandes gelangt ist. Auch kann der Einwand der Kläger, die Beklagten hätten den Kaufpreis weder erlegt noch angeboten, die obligatorische Berechtigung der Beklagten zur Sachinnehabung nicht aufheben.

Autor: Mag. Michael Achleitner, LL.M.